Internationale Aspekte

Entsprechende Verfahren
Divorce hétérosexuel
Séparation
Partenariat
Modification de jugement
Convention de parents non mariés

Es können zwei Situationen unterschieden werden:

  • (A) Scheidungsurteil im Ausland und Vorsorgevermögen in der Schweiz oder 
  • (B) Scheidungsverfahren in der Schweiz und Vorsorgevermögen im Ausland

(A) Scheidungsurteil im Ausland und Vorsorgevermögen in der Schweiz:

Gemäss Art 63 Abs. 1bis und Art. 64 Abs. 1bis IPRG fällt die Aufteilung der schweizerischen beruflichen Vorsorge im Falle einer Scheidung in die ausschliessliche Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte.

Folglich kann bei einer Scheidung im Ausland das schweizerische Vorsorgevermögen nur durch einen schweizerischen Richter geteilt werden, auch wenn der ausländische Scheidungsrichter das schweizerische Vorsorgevermögen in seinem Scheidungsurteil berücksichtigt hat.

Die Verjährungsfrist für die Einreichung der Klage in der Schweiz beträgt 10 Jahre ab dem Tag, an dem das ausländische Scheidungsurteil rechtskräftig geworden ist ( Genfer Urteil vom 26. März 2021, ACJC/396/2021).

Der zuständige Richter für die Entscheidung über die teilung von Schweizer Vorsorgevermögen ist:

a. Wenn einer und/oder beide der im Ausland geschiedenen Ehegatten die Schweizer Staatsangehörigkeit besitzen:

  • Das ordentliche Zivilgericht (Tribunal de Première Instance, Tribunal d’Arrondissement, Bezirksgericht) des Schweizer Wohnsitzes eines der beiden im Ausland geschiedenen Ex-Ehegatten, wenn einer und/oder beide zum Zeitpunkt des Teilungsantrags in der Schweiz wohnhaft sind (Art. 64 abs. 1bis und 59 IPRG).
  • Das ordentliche Zivilgericht der Heimatgemeinde, wenn einer der beiden im Ausland geschiedenen Ehegatten Schweizer Staatsbürger ist und keiner von ihnen in der Schweiz wohnt (Art. 64 Abs. 1bis und 60 IPRG).

b. Wenn keiner der Ex-Ehegatten die Schweizer Staatsbürgerschaft besitzt

  • Das ordentliche Zivilgericht am Schweizer Wohnsitz eines der beiden im Ausland geschiedenen Ex-Ehegatten, wenn einer und/oder beide seit mehr als einem Jahr in der Schweiz wohnhaft sind (Art. 64 Abs. 1bis und 59 IPRG).
  • Das ordentliche Zivilgericht am Ort der Eheschliessung (Art. 60a IPRG), wenn die Ehe in der Schweiz geschlossen wurde und keiner der Ehegatten die Schweizer Staatsbürgerschaft besitzt oder seit mehr als einem Jahr in der Schweiz wohnhaft ist.
  • Das ordentliche Zivilgericht am Sitz der  Vorsorgeeinrichtung (Waadtländer Urteil vom 8. August 2019). Vermutlich ist auch das Zivilgericht am Sitz der Filiale des Vorsorgeinstituts zuständig (BGE 144 V 313).

Der Schweizer Richter wird darauf achten, dass kein Ungleichgewicht in der Teilung entsteht.

Zwei Situationen sind möglich:

  • Ist das Vorsorgeguthaben ausschliesslich in der Schweiz (und während der Ehe) angesammelt worden, wendet der Richter die üblichen Grundsätze an (im Prinzip Halbierung) und zwar unabhängig vom Güterstand, je nach Bedingungen, die einen Verzicht erlauben
  • Wurde das Vorsorgeguthaben während der Ehe sowohl in der Schweiz als auch im Ausland gebildet, gewährt das Gericht eine angemessene Entschädigung gemäss Art. 124e Abs. 1 ZGB.

(B) Scheidungsverfahren in der Schweiz und Vorsorgevermögen im Ausland:

Im Allgemeinen ist der Schweizer Richter nicht befugt, einer ausländischen Pensionskasse etwas anzuordnen.

Zum Beispiel haben internationale Beamte (die z.B. bei der UNO arbeiten) ihre Pensionskasse in New York. Folglich würde ein Schweizer Scheidungsurteil, das eine Überweisung an den Pensionsfonds in New York anordnet, nicht vollstreckt werden.

In solchen Fällen wird der Schweizer Richter dieser Unmöglichkeit, einen Ausgleich im Ausland anzuordnen, dadurch Rechnung tragen, dass er in seinem Urteil einen als angemessene Entschädigung geschuldeten Betrag gemäss Art. 124e ZGB festsetzt.

Entscheidet der ausländische Richter nachträglich, das Vorsorgeguthaben im Ausland zu verteilen, kann der Schweizer Richter sein Urteil entsprechend revidieren (Art. 124e ZGB).

3. Kann der/die Teilungsberechtigte den Betrag auf sein/ihr reguläres Konto erhalten?

a) Wenn der/die Begünstigte in der Schweiz wohnhaft ist,

 

Keine Möglichkeit, die Teilung auf ein persönliches Konto zu beziehen, solange der/die Begünstigte das Schweizer Rentenalter noch nicht erreicht hat (siehe Art.5 FZG).

Der Teilungsbetrag muss folglich und notwendigerweise auf ein Freizügigkeitskonto/eine Freizügigkeitsversicherungspolice überwiesen werden und bleibt dort grundsätzlich bis zum Erreichen des AHV-Alters gesperrt.

Vorbehaltlich der Möglichkeit, das Guthaben 5 Jahre vor oder 5 Jahre nach dem gesetzlichen Rentenalter zu beziehen (Art. 16 Abs. 1 FZV)

Sobald sie auf ihr Vorsorge- oder Freizügigkeitskonto eingezahlt wurden, kann die Person sie für einen Immobilienkauf verwenden, oder kann sie beziehen, wenn sie nun eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt (Art. 5 Abs. 1 Bst. b FZG).

 

b) Wenn der/die Begünstigte im Ausland – außerhalb der Europäischen Union oder der EFTA – wohnhaft ist.

 

Der Teilungsbetrag wird auf ein ordentliches Konto des/der Begünstigten überwiesen.

 

c) Wenn der/die Begünstigte in einem Land der Europäischen Union oder der EFTA wohnhaft ist,

 

Nur der überobligatorische Teil des Guthabens aus der schweizerischen beruflichen Vorsorge kann frei bezogen werden.

Der obligatorische Teil kann nicht auf einem persönlichen Konto des / der Begünstigten empfangen / überwiesen werden, solange er / sie das Rentenalter noch nicht erreicht hat und muss daher zwangsläufig auf ein Freizügigkeitskonto / eine Freizügigkeitsversicherung überwiesen werden (Genfer Entscheidungen ATAS/819/2014 vom 27. Juni 2014,  ATAS/746/2014 vom 19. Juni 2014  und ACJC/200/2019 vom 8. Februar 2019).

Siehe Einzelheiten zu den Artikeln 25 b bis 25 g FZG.

Der/die in der EU oder EFTA wohnhafte Begünstigte kann jedoch frei, entweder auf sein/ihr persönliches Konto, den Teilungsbetrag erhalten, wenn er/sie nie eine besondere Beziehung zur Schweiz hatte und nachweislich nicht obligatorisch gegen die Risiken Alter, Tod und Invalidität nach den Gesetzen seines/ihres Landes (der EU oder EFTA) versichert ist, zum Beispiel weil er/sie dort eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt.

Siehe die Waadtländer Entscheidung vom 11. September 2014, in dem die Überweisung des Betrags, der sich aus der Teilung der schweizerischen beruflichen Vorsorge ihres Ex-Mannes ergibt, auf das Privatkonto der in Frankreich wohnhaften und geschiedenen Ex-Ehefrau angeordnet wurde, ohne jedoch eine Bescheinigung oder Dokumentation zu verlangen, die belegt, dass sie in Frankreich nicht obligatorisch gegen die Risiken Alter, Tod und Invalidität versichert ist: “On ne saurait retenir que la demanderesse continue à être obligatoirement assurée contre les risques vieillesse, décès et invalidité [en France] dès lors qu’elle ne l’ait jamais été en Suisse” (Die Klägerin ist weiterhin obligatorisch gegen die Risiken Alter, Tod und Invalidität [in Frankreich] versichert, da sie in der Schweiz nie versichert war).

Es ist nicht sicher, ob das Bundesgericht dieser Argumentation folgen würde.

Zu dieser vom Bundesgericht nicht geklärten Frage und den abweichenden kantonalen Entscheidungen siehe den (kostenpflichtigen) Artikel von Soile Santamaria und Raphael Jakob “Obstacles à l’action en complément de divorce étranger tendant au partage de la prévoyance professionnelle” (2024).

Der Nachweis der Nicht-Pflichtversicherung gegen die Risiken Alter, Tod und Invalidität im Wohnsitzland (EU oder EFTA) erfolgt gemäss den Angaben im Urteil BGE 137 V 181, Erw. 7.2.

Artikel aktualisiert am 25/03/2024