Scheidung Lexikon Aufenthaltsbewilligung

Aufenthaltsbewilligung und Folgen einer Scheidung in der Schweiz für ausländische Personen

Entsprechende Verfahren
Scheidung
Séparation
Auflösung der Partnerschaft
Modification de jugement
Vereinbarung unverheirateter Eltern

Erleichterte Einbürgerung / Nichtigerklärung

Ausländische Personen, die eine Schweizerin oder einen Schweizer heiraten, können die Schweizer Staatsbürgerschaft nach 5 Jahren Aufenthalt, davon 3 Jahre in ehelicher Gemeinschaft, leichter erlangen (Art. 20 BüG; Art. 21 BüG).

Die erleichterte Einbürgerung kann für nichtig erklärt werden (Art. 34 BüG; Art. 36 BüG), wenn sie in betrügerischer Weise, insbesondere durch falsche Angaben, erwirkt wurde. Dies ist der Fall, wenn die tatsächliche Trennung oder Scheidung nur wenige Monate nach Erhalt der erleichterten Einbürgerung erfolgt (1C_356/2024; 1C_80/2019).

Weitere Einzelheiten finden Sie im Handbuch über die Staatsangehörigkeit, insbesondere unter Nr. 6.1.4 und 6.2.


Niederlassungsbewilligung (Ausweis C)

Eine Scheidung, Trennung oder Auflösung der Partnerschaft hat keinen Einfluss auf die Niederlassungsbewilligung (Ausweis C), die daher normalerweise verlängert wird, vorbehaltlich schwerwiegender Fälle, die den Widerruf des Ausweises C gemäss Art. 63 AIG ermöglichen.


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Aufenthaltsbewilligung (Ausweis B)

a. EU/EFTA-Angehörige

Alle Personen, die Angehörige von Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) oder der europäischen Freihandelsassoziation (EFTA, European Free Trade Association — Liechtenstein, Island, Norwegen) sind, geniessen Personenfreizügigkeit und haben grundsätzlich ein Aufenthaltsrecht in der Schweiz. Folglich haben EU- oder EFTA-Angehörige ein Recht darauf, dass ihre Aufenthaltsbewilligung nach einer Scheidung oder Trennung verlängert wird, wenn sie über die finanziellen Mittel verfügen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

 

b. Andere ausländische Personen

Für alle Personen, die Angehörige anderer Staaten als der EU oder der EFTA sind, siehe hier (insbesondere Nr. 6.1.7) oder hier: Gemäss Artikel 50 AIG ist grundsätzlich keine Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung möglich, wenn das Zusammenwohnen nicht mindestens 3 Jahre gedauert hat (Art. 42 AIG; Art. 43 AIG) und/oder keine gute Integration vorliegt (Sprache, Arbeit, keine Vorstrafen usw.).

Die Jahre des Konkubinats zählen nicht. Nur die Jahre der Ehe zählen (BGE 140 II 345 E. 4.1). Die Mindestdauer von 3 Jahren endet in dem Moment, in dem die Ehegatten aufhören, zusammen zu wohnen (BGE 138 II 229 E. 2; BGE 136 II 113 E. 3.3.3).

Der Dreijahreszeitraum ist absolut und gilt auch dann, wenn nur wenige Tage fehlen, um die geforderten 36 Monate zu erreichen (2C_40/2019; BGE 137 II 345 E. 3.1.3; BGE 136 II 113 E. 3.2 und 3.4).

Hingegen ist es nicht notwendig, dass die 3 Jahre in der Schweiz verbracht wurden, da die Ehegatten beschlossen haben können, anderswo zu wohnen. Es ist jedoch erforderlich, dass die Ehegatten tatsächlich zusammengelebt haben und nicht nur den Anschein eines gemeinsamen Lebens erweckt haben (2C_304/2009).

Zum Beispiel wurde die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung eines 30-jährigen Mannes bei guter Gesundheit verweigert, der seit 6 Jahren in der Schweiz lebte (2C_460/2009).

Die Dreijahresfrist gilt pro Ehe. Die Dauern verschiedener kurzer Ehen können nicht zusammengerechnet werden (BGE 140 II 289).

Eine dauerhafte und starke Abhängigkeit von der Sozialhilfe kann ein triftiger Grund für die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung sein (2C_173/2011).

Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention garantiert das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens. Die Schweiz ist an diese Konvention gebunden (BGE 144 I 91).

Ausländische Personen, die nicht  EU- oder EFTA-Angehörige sind, haben jedoch kein Recht auf Aufenthalt in der Schweiz (BGE 144 I 91).

 

c. Wenn minderjährige Kinder vorhanden sind

Ein Besuchsrecht mit den Kindern bedeutet nicht zwangsläufig ein Recht auf Aufenthalt in der Schweiz, da dieses Besuchsrecht gegebenenfalls nur für kurze Aufenthalte (z. B. in den Ferien) vereinbart werden kann. Grundsätzlich ist eine Entscheidung über die Verlängerung des Ausweises B anhand folgenden Kriterien zu treffen (2C_371/2024 E. 6.1; BGE 144 I 91):

  • Enge und effektive Beziehung zum Kind in emotionaler, sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht (Zahlung der Alimente)
  • Praktische Unfähigkeit, die Beziehung aufrechtzuerhalten, aufgrund der Entfernung zwischen dem Aufenthaltsland des Kindes und dem Herkunftsland des Elternteils
  • Tadelloses Verhalten

Wenn das Kind die schweizerische Staatsangehörigkeit besitzt und der ausländische Elternteil die (zumindest alternierende) Obhut hat, ist das Kriterium des tadellosen Verhaltens auf schwere Straftaten beschränkt. Es ist eine Interessenabwägung vorzunehmen (BGE 140 I 145).

 

d. Gewalt

Eine ausländische Ehepartnerin / ein ausländischer Ehepartner hat einen Anspruch auf Verlängerung ihrer/seiner Aufenthaltsbewilligung, wenn sie/er Opfer ehelicher Gewalt ist und die soziale Wiedereingliederung im Herkunftsland gefährdet erscheint. Jedes dieser beiden Elemente kann (je nach Schwere und Umständen des Falles) grundsätzlich einen wichtigen persönlichen Grund im Sinne von Art. 50 Abs. 2 AIG darstellen (2C_460/2009).

Denselben Schutz bietet das Europarecht (EuGH Pressemitteilung vom 2. September 2021 Nr. 147/2021).

Allerdings muss die Gewalt nachgewiesen werden und eine gewisse Intensität erreicht haben (2C_1051/2020; 2C_401/2018), so dass dem betroffenen Ehegatten die Fortsetzung der ehelichen Gemeinschaft nicht mehr zugemutet werden kann (2C_460/2009).

Die Anerkennung des Status als Opfer von ehelicher Gewalt (und damit das Recht auf eine Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung) kann manchmal langwierig und schwierig sein (3 Jahre Verfahrensdauer: 2C_693/2019).

Für weitere Entscheidungen, in denen die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nach ehelicher Gewalt gewährt wurde, siehe 2C_922/2019; 2C_776/2019; 2C_423/2020.

Die Rechtsprechung wird jedoch so extrem restriktiv, dass Beschwerden mit einer Quote von 50 % im Jahr 2020, 14 % im Jahr 2021 und … 0 % im Jahr 2022 angenommen wurden. Siehe dazu den (kostenpflichtigen) Artikel von Claudia Frick und Magalie Gafner in Plaidoyer: « Migrantes et violences conjugales : récents jugements » (2023).

Wenn eine ausländische Person in der Schweiz eine schwere strafbare Handlung begeht, muss das Strafgericht gemäss Art. 66a StGB, der eine Liste der schweren strafbaren Handlungen enthält, die Landesverweisung aus der Schweiz verfügen.

Vorbehaltlich der Ausnahmen in Abs. 2 und 3 desselben Art. 66a StGB:

Als Beispiel siehe 6B_751/2023 (Ehemann mit Ausweis C löst teilweise die Muttern des linken Vorderrads des Autos seiner Frau, wodurch eine konkrete und offensichtliche Lebensgefahr entsteht (Art. 129 StGB). Die Ausnahmen in Abs. 2 oder 3 sind nicht erfüllt).


Das Recht, in der Schweiz bleiben zu dürfen

Neben dem bereits oben erwähnten Recht von EU- und EFTA-Angehörigen, sich in der Schweiz aufzuhalten (unter der Voraussetzung, dass sie nicht von staatlicher Unterstützung abhängig sind und nicht strafrechtlich verurteilt wurden), sieht Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention ein Recht auf Verbleib in der Schweiz nach mehr als 10 Jahren rechtmässigen und ununterbrochenen Aufenthalts (BGE 149 I  66; BGE 146 I 185; BGE 144 I 266).

Siehe auch:

  • Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 9. Mai 2023 und die Pressemitteilung im Fall eines iranischen Staatsangehörigen, der die Schweizer Entscheidung der Landesverweisung erfolgreich angefochten hat, obwohl er sich mehr als 20 Jahre lang in der Schweiz aufgehalten (und dort mehrere strafrechtlich relevante Handlungen begangen) hatte.
  • Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17. September 2024. Die Ausweisung von strafrechtlich verurteilten Ausländern muss nicht zwangsläufig automatisch erfolgen. Die Entscheidung über die Ausweisung muss nach einer Abwägung der privaten Interessen der betroffenen Person und den Erfordernissen des öffentlichen Interesses getroffen werden. In diesem Urteil klagte ein Bosnier erfolgreich gegen seine Ausweisung aus der Schweiz. Der EGMR befand, dass er zwar wegen Drogenhandels verurteilt worden war, die Behörden jedoch die in der Akte enthaltenen Elemente nicht ausreichend berücksichtigt hatten, wie die Tatsache, dass der Beschwerdeführer nicht vorbestraft war, nur zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden war, dass er nach seiner Verurteilung einen festen Arbeitsplatz erhalten hatte, sich seither gut verhalten hatte und die negativen Auswirkungen der Ausweisung auf seine Familienmitglieder.
Artikel aktualisiert am 27/11/2024