Alimente nicht bezahlt: Gut zu wissen nach einer Scheidung in der Schweiz
Es liegt auf der Hand: Wir leben oft weniger gut getrennt als wenn wir mit einer Person zusammen sind. Die Verschlechterung der finanziellen Situation ist eine der konkreten Folgen der Uneinigkeit.
Wenn die Alimente / Unterhaltszahlungen (im Gesetz ist von finanziellen Beiträgen die Rede) nicht gezahlt werden, kann die Situation schnell katastrophal werden.
Es wird geschätzt, dass mindestens 20 % der alleinerziehenden Mütter in der Schweiz vom (Ex-)Ehepartner keinen oder nur einen Teil der Unterhaltszahlungen für ihre Kinder erhalten.
Zur Vertiefung siehe den (kostenpflichtigen) Artikel von Nicolas Jeandin: “Obligations d’entretien et exécution forcée” (2023).
Die Mittel, die Ihnen zur Verfügung stehen, sind unterschiedlich, je nachdem, ob Sie bereits von einer Gerichtsentscheidung (Urteil) profitiert haben oder nicht.
Sie haben (noch) kein Urteil erhalten, das die andere Person zur Zahlung eines Unterhalts für Sie und/oder Ihre Kinder verurteilt
In diesem Fall:
- Sie beantragen Sozialhilfe (und/oder Arbeitslosenentschädigung)
- Sie nehmen einen Anwalt, beantragen gegebenenfalls Rechtspflege und fragen nach:
- Vorsorgliche Massnahmen
- Eine Bestimmung ad litem
- Sicherheiten und/oder Garantien
Ihnen liegt bereits ein Urteil vor, mit dem die andere Person zur Zahlung von Unterhalt für Sie und/oder Ihre Kinder verurteilt wird
In diesem Fall stehen Ihnen verschiedene Möglichkeiten offen, je nachdem, ob Sie die Zahlung bereits fälliger Alimente beantragen oder ob Sie in Zukunft garantiert Alimente erhalten möchten:
- Um die Auszahlung der bereits fälligen Alimente zu erhalten:
- Sie reichen eine Strafanzeige wegen Verletzung der Unterhaltspflicht ein.
- Sie gehen gerichtlich vor. Wenn es einen Einspruch gegen den Zahlungsbefehl gibt, lassen Sie diesen Einspruch durch ein einfaches Freigabeverfahren aufheben.
- Sie nehmen einen Anwalt und beschlagnahmen die Schweizer Bankguthaben Ihres Ex.
- Zukünftig garantierter Alimentenbezug:
- Sie wenden sich an den Alimenteneintreibungsdienst Ihres Kantons. Lesen Sie unser Dossier über die Alimentenbevorschussung in der Schweiz, um mehr über das Thema zu erfahren.
- Sie beauftragen einen Anwalt. Gegebenenfalls beantragen Sie eine Rechtspflege und beantragen ein Verfahren zur direkten Beschlagnahme des Lohnes Ihres Ex und/oder Sie verlangen Sicherheiten/Garantien.
Zur Erinnerung: Schweizer Urteile sind auch im Ausland vollstreckbar, so wie die meisten ausländischen Urteile in der Schweiz vollstreckbar sind (Siehe nach der Scheidung).
Französische Statistiken zeigen, dass 36 % der Alimente nicht gezahlt werden. Dies ist beachtlich.
Die Schweizer Statistik sagt nicht aus, wie hoch der Prozentsatz ist, aber er dürfte ähnlich hoch sein. Der Kanton Basel-Stadt, hat die höchste Zahl an unbezahlten Alimenten.
Die Jagd nach Versager-Vätern nimmt in Kanada eine neue Dimension an. Dem Beispiel des Sozialministeriums in der Provinz Alberta folgend, hat die Provinz Ontario die Family Responsibility Office ermächtigt, im Internet Fotos und Referenzen von Versager-Vätern zu veröffentlichen, die ihren Kindern geschuldeten Alimente nicht bezahlen. Jeden Monat gehen bei der FRO in Ontario 1.500 neue Fälle ein, und die Rückstände bei der Unterstützung belaufen sich auf insgesamt 1,3 Milliarden kanadische Dollar. Um dem entegenzuwirken wersen säumige Zahler im Internet unter http://www.lesbonsparentspayent.com veröffentlicht. Wenn sie gefunden werden oder wenn sie die Zahlungen wieder aufnehmen, werden säumige Zahler von der Website entfernt.
Die Ontario Family Responsibility Office verfügt auch über andere Druckmittel und kann z.B. die Aussetzung des Führerscheins einer Person anordnen. Allein die Drohung mit dem Entzug dieser Art von Führerscheinen, die zwischen 1997 und 2006 an 16.000 Personen verschickt wurden, brachte 577 Millionen Dollar ein.
In der Schweiz sind solche Massnahmen nach der geltenden Gesetzgebung nicht möglich, und die Online-Veröffentlichung von Daten über diese schlechten Zahler dürfte angesichts des Datenschutzgesetzes und des Persönlichkeitsschutzes Schwierigkeiten bereiten.
Diese Art von Argumenten ist auch in Kanada diskutiert worden, aber bei der Interessenabwägung hat die Regierung von Ontario die Auffassung vertreten, dass sie die Privatsphäre von Personen, die ihre familiären Verpflichtungen nicht respektieren, nicht schützen muss.