Scheidung Lexikon Verfahren

Wie verläuft eine Verhandlung?

Entsprechende Verfahren
Scheidung
Trennung
Auflösung der Partnerschaft
Änderung eines Urteils
Vereinbarung unverheirateter Eltern

Im folgenden Text geht es nicht um Verhandlungen von strittigen Anträgen, sondern nur um Verhandlungen von Anträgen im gegenseitigen Einvernehmen.

Das Paar muss bei der Verhandlung physisch anwesend sein. Es gibt normalerweise keine Scheidung oder Trennung durch Bevollmächtigte. Dasselbe gilt für einen Antrag unverheirateter Eltern auf Änderung eines Urteils oder auf Genehmigung einer Vereinbarung unverheirateter Eltern, welches Kinder betrifft.

Zum rechtlichen Gehör eines minderjährigen Kindes siehe hier. Für Erwachsene ist das rechtliche Gehör, vor einer Entscheidung, ein Grundrecht, das sich aus der Schweizer Bundesverfassung und den Menschenrechten ableitet. Jeder kann jedoch explizit oder implizit auf rechtliches Gehör in persona verzichten, aber das Gericht bleibt immer völlig frei in seiner Entscheidung, ob es angemessen ist, die Parteien (oder eine von ihnen) nicht persönlich anzuhören (5A_363/2022 E. 3.1 ff).

  • Wenn Sie vor der Verhandlung beim Gericht einen entsprechenden Antrag stellen, kann einer von Ihnen von der Anwesenheitspflicht befreit werden (Art. 307 ZPO; Art. 278 ZPO), sofern «wichtige Gründe» für die Befreiung vorliegen, z. B. wenn Sie aus einem weit entfernten Land kommen müssen, nur um eine 30-minütige Verhandlung zu erhalten. Das Gericht kann immer frei entscheiden, ob jemand von der Anwesenheitspflicht befreit werden soll. Bei gemeinsamen Kindern ist eine Befreiung grundsätzlich nicht möglich. Siehe den auf der Website verfügbaren Musterbrief für die Wahl des Wohnorts und/oder den Antrag auf Befreiung.
  • Wenn einer der beiden Partner nicht physisch bei der Verhandlung anwesend sein kann, kann er oder sie von einem Anwalt oder einer Anwältin vertreten werden (BGE 131 III 182). Doch einerseits mögen es die Gerichte nicht, wenn die betroffene Person nicht anwesend ist, und andererseits wären die Anwaltskosten mit Sicherheit höher als die Kosten einer Reise, um in der Schweiz anwesend zu sein.
  • Wenn eine — ordnungsgemäss geladene — Partei nicht zur Verhandlung erscheint und nicht vom Erscheinen entbunden wurde, gibt es keine Rechtsgrundlage, um sie zum Erscheinen zu zwingen (5A_507/2022 E. 3.3.2.2), es kann eventuell eine zweite Vorladung angeordnet werden oder das Gericht kann eigene Nachforschungen anstellen, um einen Aspekt, der ein Kind betrifft, zu klären. Die Abwesenheit einer Partei hindert das Verfahren nicht daran, seinen Lauf zu nehmen (5A_438/2020).

Je nach den Umständen kann die Abwesenheit eines Elternteils, der ordnungsgemäss zur Verhandlung geladen und nicht entschuldigt wurde, ein mangelndes Interesse an der Sache verraten, und das Gericht kann dies bei seiner Entscheidung berücksichtigen, insbesondere in Bezug auf das Besuchsrecht (wobei jedoch zu beachten ist, dass das Kindeswohl die Hauptachse der zu treffenden Entscheidung ist (5A_507/2022 E. 3.3.2.1).

Die Parteien haben keinen Anspruch darauf, im Berufungsverfahren persönlich angehört zu werden (5A_507/2022 E. 3.3.4.2 und 3.3.4.3).

Merkwürdigerweise kann ein Partner oder eine Partnerin im Falle eines Antrags auf Auflösung einer eingetragenen Partnerschaft beantragen, «wichtigen Gründen» von der Teilnahme an der Verhandlung befreit zu werden, insbesondere wenn er oder sie jetzt in einem fernen Land ansässig ist (Art. 307 ZPO; Art. 278 ZPO). Der Antrag auf Befreiung muss grundsätzlich schriftlich nach Erhalt der Voradung zur Verhandlung und vor dem Termin der Verhandlung gestellt werden. Wenn dem Antrag auf Befreiung stattgegeben wird, entscheidet das Gericht ohne weitere Schwierigkeiten über den Antrag auf Auflösung der eingetragenen Partnerschaft.

Nach dem derzeitigen Stand der Zivilprozessordnung (Änderungen sind in Vorbereitung) kann eine Verhandlung nicht von Skype, Teams etc. durchgeführt werden (4A_180/2020).

Mittels einer Verordnung hat der Bundesrat diese Art von Anlagen in der Zeit der COVID-19 Pandemie zugelassen (siehe hier). Diese Möglichkeit wurde bis zum 31. Dezember 2022 angeboten.

Grundsätzlich wird die Revision der Zivilprozessordnung, die am 1. Januar 2025 in Kraft tritt, es den Gerichten ermöglichen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, mündliche Verfahrenshandlungen (insbesondere Verhandlungen) in Zivilverfahren per Videokonferenz und in Ausnahmefällen per Telefonkonferenz durchzuführen oder den am Verfahren beteiligten Personen zu gestatten, auf diese Weise am Verfahren teilzunehmen (Vernehmlassung 2023/96).

Siehe die Botschaft, den Gesetzentwurf und die Ergebnisse der Vernehmlassung hier.

Die Vorladung erhalten Sie per Einschreiben, welcher an beide der Ehegatten adressiert ist. Dieser Brief gibt Ihnen Ihrer Fallnummer an. Falls einer der Ehegatten am vorgesehenen Datum nicht verfügbar ist, können Sie dem Gericht schreiben, Ihrer Fallnummer angeben und beantragen, dass das Datum der Verhandlung später stattfindet.

Achtung: Wegen der Überlastung der Gerichte kann die Verhandlung um 2 bis 3 Monate verschoben werden.

Die Ehegatten, die ein gemeinsames Scheidungsbegehren eingereicht haben, werden vom Gericht einberufen. Die Zeitspanne zwischen dem Einreichen des Scheidungsbegehrens und der Vorladung der Ehegatten zur Verhandlung variiert von Kanton zu Kanton und ist von der Arbeitsbelastung der Gerichte abhängig. Die Vorladung legt Datum, Uhrzeit und Ort Ihrer Verhandlung fest. Auf der Vorladung steht eine Fallnummer. Wenn Sie später an das Gericht schreiben wollen, müssen Sie immer die Fallnummer angeben.

Wenn sich die Gatten über die Scheidung als solche sowie die Scheidungsfolgen einig sind, so gibt es in der Regel nur eine Verhandlung.

Die Praxis kann von Gericht zu Gericht und sogar von Kammer zu Kammer des Gerichts recht unterschiedlich sein.

  • Einige Gerichte verlangen einen Bericht des Sozialamts, wenn minderjährige Kinder vorhanden sind, und fällen ihr Urteil erst, wenn der Bericht des Sozialamts vorliegt. Wenn der Antrag in gegenseitigem Einvernehmen gestellt wird, verlangt das Gericht in der Regel keinen Bericht des Sozialamts und vertraut darauf, dass die Eltern bereits in gegenseitigem Einvernehmen die Modalitäten des Sorgerechts, der Obhut (alternierend oder nicht), des Besuchsrechts (wenn die Obhut nicht alternierend ausgeübt wird) und der Unterhaltsbeiträge (oder keine Unterhaltsbeiträge bei alternierender Obhut, wenn die finanziellen Mittel der Eltern gleichwertig sind) in einer Weise vereinbart haben, die dem Wohl der Kinder zu entsprechen scheint.
  • Die meisten Richter sind bei Gerichtsverhandlungen verständnisvoll und angenehm und verstehen es, den Parteien ein gutes Gefühl zu vermitteln. Manchmal sind einige Richter müde (mehr als 50 % ihrer Fälle sind Familienrechtsfälle) und zeigen keine Rücksicht auf die Parteien oder zeigen sogar eine genervte Haltung und grüssen kaum. Sie sind nur ein Fall — einer mehr — den es zu bearbeiten gilt und das Bild der Justiz, das dadurch vermittelt wird, ist beklagenswert. Manchmal kennen die Richter nicht einmal ihre Akte und stellen Fragen, deren Antworten in der Akte angegeben sind. Leider muss man ein solches unangemessenes Verhalten hinnehmen.

Zu Beginn der Verhandlung hört das Gericht beide Parteien schnell an, separat, wenn eine der beiden Parteien dies beantragt. Das Gericht vergewissert sich durch die Verhandlung, dass sich die Parteien aus freiem Willen scheiden möchten (Sicherstellung, dass kein Zwang oder unerlaubter Druck ausgeübt wird). Das Gericht überprüft dann die Vereinbarung.

Falls keine Kinder vorhanden sind, so überprüft das Gericht nur ob die Vereinbarung im Grossen und Ganzen ausgeglichen ist und fragt nicht nach näheren Details. Falls die Eheleute Kinder haben, so überprüft das Gericht genauer, was für sie vereinbart wurde, und vergewissert sich, dass dies dem Kindeswohl entspricht.

Das Gericht ist immer völlig frei, ob es die Vereinbarung der Eltern über alles, was minderjährige Kinder betrifft (5A_274/2023 E. 4.1.2 und 5.2), und/oder über die Aufteilung oder Nichtaufteilung der BVGs genehmigt oder nicht (5A_392/2021 E. 3.4.1.1).

Wenn das Gericht am Ende der Verhandlung mit den Bedingungen des Begehrens und der Vereinbarung zufrieden ist, weist er die Parteien darauf hin, dass ihnen demnächst das Urteil per Post zugestellt wird.

Die Verhandlung dauert ungefähr 15-30 Minuten.

Spricht man den Richter an, so sagt man nicht «Euer Ehren» (wie das in den USA der Fall ist), sondern vielmehr «Herr Richter» /«Frau Richterin» oder «Herr Vorsitzender» / «Frau Vorsitzende».

Wenn ein Elternteil, der ordnungsgemäss vorgeladen wurde, nicht zur Verhandlung erscheint, siehe die Folgen im Urteil 5A_507/2022.

Artikel aktualisiert am 17/10/2024