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Alimente in der Schweiz: Wie wird der Kindesunterhalt berechnet?

Entsprechende Verfahren
Scheidung
Trennung
Auflösung der Partnerschaft
Änderung eines Urteils
Vereinbarung unverheirateter Eltern

Einführung

Die Eltern wissen letztlich am besten, welche fairen finanziellen Beiträge zu erwarten sind. Wann immer möglich, ist es besser, eine faire Regelung zu finden, als ein Verfahren einzuleiten.

Wenn Sie sich nicht einigen können, konsultieren Sie einen Mediator/eine Mediatorin, anstatt zu einem Anwalt/einer Anwältin zu rennen.

Die Budgetierung und die Erstellung von Tabellen über den gebührenden Unterhalt von Kindern macht es einfacher zu erkennen, was wie abgedeckt werden muss.

Es liegt auf der Hand, dass die Trennung oder Scheidung der Eltern zur Verarmung jedes einzelnen führt, und sei es auch nur durch eine Verdoppelung der Wohnkosten. Zögern Sie nicht, bei bescheidenen Einkommen gegebenenfalls Sozialhilfe zu beantragen, um die Budgets auszugleichen.

Wenn Sie Ihre Unterlagen auf onlinescheidung.ch erstellen, müssen Sie Ihre Budgets und Tabellen über den gebührenden Unterhalt des Kindes erstellen. Dabei haben Sie alle notwendige Hilfe, um dies ordnungsgemäss zu tun (etwa 20 Minuten).

Das Bundesgericht verlangt nun, dass vor dem erstinstanzlichen Gericht ein weiteres Budget, der nur das Existenzminimum enthält. Diese zusätzliche Anforderung wird selbstverständlich beachtet und ist in den Leistungen auf onlinescheidung.ch enthalten.

Wenn sich die Parteien nicht gütlich (einvernehmlich) über die Höhe der geschuldeten Unterhaltsbeiträge einigen können, legt das Gericht die Unterhaltsbeiträge nach der Methode des Existenzminimums mit Überschussverteilung (wie unten beschrieben) fest, auch wenn es um die Bestimmung der Alimente bei einer Änderung eines Urteils geht oder um die Unterhaltsbeiträge, die zwischen unverheirateten Eltern geschuldet werden, oder um die Bestimmung der finanziellen Unterstützung, die einem volljährigen Kind in Ausbildung geschuldet wird.

Kurz gesagt hat das Bundesgericht mit der Methode des Existenzminimums mit Überschussverteilung die Art und Weise vereinheitlicht, wie die Unterhaltsbeiträge festgelegt werden müssen, wenn die Eltern die Höhe der Alimente für ihre Kinder nicht selbst festlegen können, wobei die konkreten Bedürfnisse und das Wohl der Kinder zu berücksichtigen sind.

Die diesbezügliche elterliche Autonomie — oder die Zustimmung der Eltern — muss berücksichtigt werden (BB 1996 I p. 128-129; 5A_78/2020; 5A_775/2021) und das Gericht darf nur dann davon abweichen, wenn es aus schwerwiegenden Gründen (die es erläutern muss) zu dem Schluss kommt, dass die Vereinbarung der Eltern in diesem Punkt nicht akzeptiert (genehmigt) werden kann, da sie die konkreten Bedürfnisse und das Wohl der Kinder nicht ausreichend berücksichtigen würde (BGE 143 III 361 E. 7.3.1 und 7.3.2). Zudem muss die konkrete wirtschaftliche Realität immer Vorrang vor theoretischen Berechnungen haben (BGE 147 III 265 E. 7.3).

Schliesslich geht es darum, den anderen Elternteil nicht indirekt zu unterstützen, indem Alimente auf einen Betrag festgelegt werden, der über den tatsächlichen Kosten liegt, wie sie aus der Tabelle des gebührenden Unterhalts des Kindes hervorgehen (5A_668/2021, Erw. 2.6 ; BGE 147 III 265 E. 7.3).

Zu beachten ist, dass es sich nicht um eine rein buchhalterische oder mathematische Methode handelt (5A_668/2021 E. 2.5; 134 III 577 ; Urteil des Obergerichts Solothurn vom 3. September 2020) und dass das Gericht immer einen grossen Ermessensspielraum behält, um die konkrete Situation zu berücksichtigen. Die Methode kann daher nicht durch eine Software ersetzt werden.

Für weitere Informationen zu diesem Thema siehe den (kostenpflichtigen) Artikel von Philipp Maier «Unterhaltsberechnungsprogramme — Fluch oder Segen?» (2022).


Einige Grundregeln

  • Das Existenzminimum des zahlenden Elternteils muss immer gedeckt und gesichert sein. Keine Alimente werden fällig, wenn sie das strickte Existenzminimum des zahlenden Elternteils beschneidet (5A_254/2019).
  • Die Hierarchie der Unterhaltsbeiträge muss beachtet werden (siehe Pressemitteilung des Bundesgerichts zum Urteil 5A_457/2018).Bei beschränkten finanziellen Mitteln haben die Alimente für minderjährige Kinder Vorrang vor der Unterhaltsbeiträge für den (Ex-)Ehepartner, die wiederum Vorrang vor der Alimente für ein erwachsenes Kind hat (5A_311/2019). Das minderjährige Kind wird daher vorrangig behandelt.
  • Der Grundsatz ist die Gleichbehandlung von Kindern (5A_118/2023; 2C_644/2020). Kinder, ob aus dem gleichen oder aus verschiedenen Betten, sind einander gleichgestellt, so dass die Alimente im gleichen Alter gleich sein müssen, es sei denn, dass besondere Aufwendungen für ein bestimmtes Kind gerechtfertigt werden können (z. B. Behinderung eines Kindes, private Schulbildung eines Kindes; 5A_309/2012).

Gegebenenfalls müssen die bereits in einem früheren Scheidungsurteil für die Kinder festgesetzten Beiträge nach unten korrigiert werden, um die den neuen Kindern bei einer zweiten Scheidung zustehenden Alimente zu berücksichtigen. Es muss dann ein separater Antrag auf Änderung des ersten Urteils gestellt werden (5A_118/2023).

  • Wenn die Obhut einem der beiden Elternteile zugesprochen wird, übernimmt dieser den Unterhalt des Kindes in natura, insbesondere Aufgaben wie Kochen, Wäsche waschen, Einkaufen, Hausaufgabenhilfe, Betreuung im Krankheitsfall, Transport, Unterstützung in Angelegenheiten des täglichen Lebens und der Entwicklung des Kindes, und der Elternteil, der nicht die Obhut — aber ein Besuchsrecht — hat, muss sich finanziell an den Unterhaltskosten des Kindes/der Kinder beteiligen; 5A_690/2019.
  • Bei alternierende Obhut besteht auch dann eine Beitragspflicht für das Kind, wenn sich das Einkommen von Vater und Mutter erheblich unterscheidet (5A_49/2023 E. 4.3.1). Um es karikierend zu sagen: Selbst, wenn jeder von beiden sich vollkommen gleichwertig um die Kinder kümmert, wäre es nicht fair, wenn das Kind bei Mama nur Nudeln ohne Sosse isst und bei Papa Kaviar und Hummer. Für Zahlentabellen siehe Philipp Maier und Massimo Véchié: «Geteilte Obhut um jeden Preis? Zur Zulässigkeit alternierender Obhut bei angespannten finanziellen Verhältnissen» (kostenpflichtiger Artikel PJA 2022, S. 696 ff).
  • Wenn das Einkommen niedrig oder unzureichend ist, der zahlende Elternteil aber über erhebliches Vermögen verfügt, muss das Vermögen bei der Bestimmung der Höhe des Kindesunterhalts berücksichtigt werden; 5A_376/2020; 5A_323/2014; 5A_343/2011, oder sogar – in Ausnahmefällen – durch die Verwendung von Geldern, die sie geerbt haben (5A_292/2023).
  • Der Kindesunterhalt kann rückwirkend für das Jahr vor der Antragstellung verlangt werden (Art. 279 ZGB), wenn kein gebührender Unterhalt in natura oder Bargeld geleistet wurde (5A_994/2022, Erw. 6.3).
  • Die Hilflosenentschädigung für das minderjährige Kind ist individuell und muss nicht vom Unterhaltsbetrag abgezogen werden (BGE 149 III 297).
  • Das Gericht ist immer frei, über die Höhe des Beitrags für das Kind zu entscheiden. Es ist dabei nicht an das Einverständnis der Eltern gebunden und muss immer nach dem Wohl des Kindes entscheiden.

Aber wie bereits oben erwähnt, muss die Zustimmung der Eltern über die Höhe der Unterhaltsbeiträge grundsätzlich respektiert werden, und das Gericht wird die Vereinbarung nicht genehmigen, wenn die von den Eltern getroffene Entscheidung die konkreten Bedürfnisse und das Wohl der Kinder nicht ausreichend berücksichtigt.

Das Gericht benutzt für die Berechnung die Methode des Existenzminimums mit Verteilung des Überschusses (siehe unten), um festzustellen, ob die Höhe des gebührenden Unterhalts dem Wohl des Kindes entspricht, aber es wird auch die Tabelle des gebührenden Unterhalts des Kindes heranziehen, um zu entscheiden, ob der in Rechnung gestellte Anteil richtig erscheint. Die Höhe des Kindesunterhalts darf den vollen Betrag der Tabelle für gebührenden Unterhalt nicht überschreiten.

  • Das Gericht hat einen weiten Ermessensspielraum, um die Höhe des von den Eltern vereinbarten Kindesunterhalts zu genehmigen. Grundsätzlich ist der Betrag mindestens der Betrag, der sich aus dem Existenzminimum mit Überschussverteilung ergibt. Der Höchstbetrag des Unterhalts ist der Betrag, der sich aus der Tabelle für den gebührenden Unterhalt des Kindes ergibt (die Rente darf den konkreten Bedarf des Kindes nicht übersteigen und auch nicht indirekt zur Finanzierung des anderen Elternteils dienen). Die Unterhaltsbeiträge sollen den täglichen Bedarf ganz oder teilweise decken, aber nicht dazu dienen, Ersparnisse für das Kind anzuhäufen. Schliesslich kann der Unterhaltsbetrag aus erzieherischen Gründen reduziert werden, da es — wenn auch nur aus pädagogischer Sicht — gut ist, dass das Kind nicht immer und notwendigerweise alle seine Bedürfnisse decken kann, besonders nicht die leichtfertigsten oder offensichtlich unverhältnismässigsten (5A_668/2021, Erw. 2.6 ; 5A_52/2021; 5A_44/2020; BGE 147 III 265).

Die Gerichte im Kanton Waadt vertreten grundsätzlich die Ansicht, dass der Elternteil, der nicht die Obhut für das Kind hat, «die gesamten Kosten des Kindes» tragen sollte (da der andere Elternteil — der die Obhut hat — das Kind in natura versorgt). Siehe zum Beispiel das Urteil des Waadtländer Gerichts vom 26. Juli 2022/386 E. 5.5.

Im Falle eines Sorgerechts für einen Elternteil (der andere hat ein Besuchsrecht) stellt das Bundesgericht in mehreren Entscheidungen tatsächlich einen solchen Grundsatz auf (zum Beispiel BGE 147 III 265 E. 5.5 und 8.1; 5A_645/2022 E. 6.1.2; 5A_469/2023 E. 4.4).

Dennoch betont das Bundesgericht regelmässig, dass jeder Fall und jede Situation unterschiedlich sind. Es gibt also keinen Grundsatz, der automatisch angewendet wird, sobald die Obhut einem Elternteil zugesprochen wird und der andere nur ein Besuchsrecht hat.

Das Bundesgericht fügt hinzu und betont, dass das Gericht in jedem konkreten Fall über ein sehr weites Ermessen verfügt, um die Höhe des vom nicht-sorgeberechtigten Elternteil zu zahlenden Unterhalts festzulegen. Natürlich muss dieser Elternteil einen Beitrag leisten, soweit seine Einkünfte seinen Existenzminimum übersteigen, aber nicht unbedingt «die gesamten Kosten des Kindes» (5A_228/2020 E. 7.1).

Wenn das Bundesgericht der Ansicht ist, dass ein Elternteil für die gesamten Kosten des Kindes aufkommen muss, stützt es sich auf das Prinzip der Gleichwertigkeit von Leistungen in natura und finanziellen Leistungen (ein Elternteil kümmert sich fast ausschliesslich um das Kind – und hat somit das alleinige Sorgerecht – und der andere durch finanzielle Leistungen) und wenn die finanzielle Situation knapp oder bescheiden ist (5A_698/2023 E. 4.4).


Bestimmung des Unterhaltsbeitrags des Kindes

  • Kein Unterhalt, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil nicht einmal sein eigenes Existenzminimum deckt.
  • Wenn der unterhaltspflichtige Elternteil gerade einmal sein eigenes Existenzminimum deckt, ist das kleine verfügbare Guthaben der Unterhaltsbetrag für das Kind (die Kinder).
  • Maximal entspricht der Unterhaltsbetrag dem Betrag für den gebührenden Unterhalt des Kindes (der Kinder), d. h. den gesamten Kosten des Kindes (der Kinder). Der Kindesunterhalt darf keine indirekte Finanzierung des anderen Elternteils sein.

Zwischen diesem Minimum und Maximum hängt der richtige Betrag natürlich von den steuerlichen Fähigkeiten, aber auch von der Art der Obhut ab:

  • Wird die Obhut einem Elternteil zugewiesen (der andere hat ein Besuchsrecht), muss sich der nicht sorgeberechtigte Elternteil in erheblichem Masse an den Kosten für das Kind beteiligen.
  • Wenn die Obhut alternierend und ausgeglichen ist und die Eltern ein ähnliches Einkommen haben, keine Unterhaltsbeiträge sind zu zahlen. Bei wesentlich unterschiedlichen Einkommen schuldet der Elternteil, der mehr verdient, dem anderen Elternteil einen Unterhalt, damit der Lebensstandard des Kindes gleichbleibt, egal ob es bei Papa oder Mama ist. Ähnlich verhält es sich, wenn das abwechselnde Sorgerecht nicht ausgeglichen ist (nicht 50/50), dann muss der Elternteil, der seltener mit dem Kind zusammen ist, mehr beitragen als der Elternteil, der das Kind häufiger hat.

Mit den Tools auf onlinescheidung.ch können Sie sich auch dafür entscheiden, das Gericht über die richtige Höhe der Unterhaltsbeiträge für die Kinder entscheiden zu lassen, wenn Sie sich nicht einigen können. In diesem Fall könnten Sie sich auch sinnvollerweise an eine/n Mediator/in wenden, der bzw. die Ihnen hilft, selbst einen akzeptablen Kompromiss zu finden, anstatt sich von einem Gericht einen Betrag auferlegen zu lassen. Im Übrigen dauern solche Streitverfahren mehrere Monate, oft sogar Jahre und daraus resultiert ein leidendes Kind, manchmal lebenslang!

Zählen Sie schematisch 17 % des Nettolohns inklusive Bonus für ein Kind, 27 % für zwei Kinder und 33 % für drei Kinder, wenn der Monatslohn zwischen 6’000.- und 12’000.- liegt (BGE 147 III 265 E. 6.2). Bei einem ausgeglichenen alternierenden Obhutsrecht diese Prozentsätze auf die Einkommensdifferenz zwischen dem Vater und der Mutter berechnen, wenn diese substanziell ist. Wenn die alternierende Obhut nicht ausgeglichen ist (ein Elternteil behält das Kind länger als der andere), kann man sich auf sehr gelehrte Berechnungen einlassen, aber insgesamt kann man auch vernünftig und fair sein, ohne die Berechnungen eines Lebensmittelhändlers anstellen zu müssen. Einfach «wer mehr verdient, zahlt mehr» und ein gerechtes Ergebnis im Interesse des Kindes anstreben.

Zur Vertiefung des Themas und zum Spass an schlauen Berechnungen siehe den (kostenpflichtigen) Artikel von Heinz Heller «Unterhalt bei alternierender Obhut: Verrechnung schlägt Matrix», der im Mai 2023 veröffentlicht wurde.

Siehe auch 5A_476/2023 E. 4.3.1 und 4.4, wo das Bundesgericht befand, dass es nicht willkürlich sei, alle Kosten für das Kind dem Vater aufzuerlegen, da er im Rahmen eines alternierenden Sorgerechts wesentlich mehr verdiene als die Mutter.

Unterhalb eines Monatsgehalts von 6.000.- steigen die Prozentsätze, oberhalb eines Monatsgehalts von 12.000.- sinken die Prozentsätze.

Die Gerichte berechnen keine Prozentsätze, sondern legen die Alimente nach der unten beschriebenen Existenzminimum-Methode mit Verteilung des Überschusses fest.

Das Gericht verfügt bei der Festsetzung der Höhe des Unterhaltsbeitrags über eine grosse Freiheit, die im Wesentlichen auf vier allgemeinen Grundsätzen (Art. 133 Abs. 1 ZGB; Art. 285 Abs. 1 ZGB) und auf dem Gedanken beruht, dass Kinder den gleichen Lebensstandard geniessen sollen wie ihre Eltern (5A_288/2009):

1.   Die Bedürfnisse des Kindes

Die Bedürfnisse des Kindes: d. h. die konkreten Kosten für den Unterhalt des Kindes unter Berücksichtigung seiner persönlichen Situation. Auch wenn die Berechnung mit abstrakten Begriffen (Existenzminimum) erfolgt, bleibt es dabei, dass «die konkreten Verhältnisse den Ausgangspunkt und das Wesenskern der Unterhaltsberechnung bilden» (5A_668/2021 E. 2.6).

Die möglichen tatsächlichen Kosten einer Kinderkrippe, einer Tagesmutter oder der Betreuung durch den obhutsberechtigten Elternteil (jedoch nicht der Grosseltern, die sich kostenlos um das Kind kümmern, 5A_519/2020) sind bei der Festsetzung des Unterhaltsbeitrags für das Kind zu berücksichtigen (Art. 285 Abs. 2 ZGB). Der Bedarf ist in der Tabelle der gebührenden Unterhalt aufgeführt.

Kosten für Privatunterricht werden ebenfalls berücksichtigt, wenn sie in keinem Missverhältnis zum Einkommen stehen (5A_97/2017).

Die Bedürfnisse des Kindes hängen auch von den Lebenshaltungskosten in seinem Wohnsitzland ab, die weit über oder unter denjenigen in der Schweiz liegen können. Folglich muss die Alimente auch dieses Element berücksichtigen, und die offiziellen Statistiken ermöglichen es, diesen Kaufkraftunterschied zu bewerten (5A_684/2022).

Beispielsweise wurden die Lebenshaltungskosten in Frankreich um 30% niedriger eingeschätzt als die Lebenshaltungskosten in der Schweiz (5A_180/2023).

2. Die Situation und die Ressourcen von Vater und Mutter

Das Gericht berücksichtigt die Ressourcen (Vermögen und Einkommen jedes Elternteils), um den gerechten Beitrag zum Unterhalt des Kindes zu bestimmen. Es ist die Fähigkeit, einen Beitrag zu leisten, die wichtig ist. Es ist daher nicht nötig, «der Versuchung nachzugeben», plötzlich seinen Arbeitsplatz zu verlassen und zu sagen, dass man kein Einkommen mehr hat. Das Gericht wird mit dieser Situation nicht zufrieden sein und wird prüfen, welche tatsächlichen Möglichkeiten bestehen, Löhne und Einkommen zu erhalten, und dann bestimmen, wie hoch der gerechte Betrag ist, der dem Kind für den Unterhalt zu zahlen ist.

Ebenso hat ein Elternteil, der seinen Wohnsitz in ein anderes Land verlegt, in dem die Löhne und Einkommen viel niedriger sind als in der Schweiz, zwar die Freiheit, sich niederzulassen, wo er will. Er kann sich jedoch nicht auf geringere finanzielle Mittel im Ausland berufen, um den dem Kind zustehenden Unterhalt zu senken, da das Kindeswohl Vorrang hat (z. B. Verlegung des Wohnsitzes nach Deutschland ohne zwingende Notwendigkeit (5A_424/2022) oder beschliessen, in sein Herkunftsland — hier Polen — zurückzukehren, obwohl man sich mehr als zehn Jahre in der Schweiz aufgehalten hat (5A_274/2023 E. 3.3)).

Liegt hingegen keine Schädigungsabsicht vor, muss der Unterschied in der Kaufkraft zwischen der Schweiz und dem ausländischen Land, in dem der Zahler oder Empfänger lebt, berücksichtigt werden, wie er sich aus dem Preisniveauindex im internationalen Vergleich ergibt, der vom Bundesamt für Statistik (BFS) veröffentlicht wird (5A_684/2022).

3. Vermögen und Einkommen des Kindes

Gemäss Art. 319 Abs. 1 ZGB können Vater und Mutter das Vermögenseinkommen des Kindes für den Unterhalt, die Erziehung und die Bildung des Kindes verwenden. Daher zieht das Gericht bei der Berechnung des Unterhaltsbeitrags die Beträge ab, die bereits zur Deckung des gesamten oder eines Teils des Bedarfs des Kindes verwendet wurden. Bei den Berechnungen sind die Familienuzlagen als Einkommen von Kindern zu berücksichtigen. Dies gilt auch für Waisenrenten (Art. 25 AHVG), nicht aber für Hilflosen- oder Invalidenentschädigungen oder -renten, die eine Behinderung ausgleichen und nicht zum Unterhalt des Kindes beitragen sollen (5A_77/2022 E. 3.3.2).

4. Der Grad der erzieherischen Betreuung des Kindes

Die Eltern müssen sich anteilig um ihr(e) Kind(er) kümmern. Grundsätzlich kümmert sich der Elternteil, dem das Gericht die Obhut für das Kind zugesprochen hat, um die Erziehung und Betreuung des Kindes in natura, während der nicht obhutsberechtigter Elternteil seine Unterhaltspflicht hauptsächlich in finanzieller Form erfüllt. Wenn der nicht obhutsberechtigter Elternteil jedoch in erheblichem Masse an der Betreuung und Erziehung des Kindes beteiligt ist, z. B. im Falle eines sehr grosszügigen Besuchsrechts, kann eine Verringerung der finanziellen Belastung in Betracht gezogen werden.

Im Falle einer perfekt ausgeglichenen alternierenden Obhut bleibt ein Unterhalt von dem Elternteil geschuldet, der ein deutlich höheres Einkommen hat, als der andere. Dies ermöglicht dem Kind, den gleichen Lebensstandard beizubehalten, egal ob es beim Vater oder bei der Mutter ist.

Wenn es mehrere Kinder gibt, müssen sie im Hinblick auf ihre objektiven Bedürfnisse gleich behandelt werden (5A_593/2014). Es wird nicht danach unterschieden, ob die Eltern verheiratet sind oder nicht (Art. 285 Abs. 2 ZGB). Die Höhe des Unterhaltsbeitrags für jedes Kind muss daher für die gleichen Altersgruppen gleich sein (es sei denn, es kann gerechtfertigt werden, dass die Bedürfnisse bei bestimmten Kindern objektiv unterschiedlich sind (z. B., wenn nur eines der Kinder eine Privatschule besucht oder ein Kind behindert ist und erhöhte Bedürfnisse hat).

Es ist offensichtlich, dass ein Teenager mehr kostet als ein Kleinkind. Aus diesem Grund sehen die Vereinbarungen oft unterschiedliche Beträge für verschiedene Altersgruppen vor (bis zum Alter von 6, 12, 16 Jahren, bis zur Volljährigkeit oder sogar darüber hinaus, wenn das Kind weiterhin ein ernsthaftes Studium absolviert, spätestens jedoch bis zum Alter von 25 Jahren).

Die Vereinbarung, die Sie mit onlinescheidung.ch vorbereiten können, greift diese Elemente auf und bietet Ihnen all diese Möglichkeiten.

Sie können auch wählen und entscheiden, ob die einbehaltenen Beträge indexiert werden sollen oder nicht. Wenn das Kind jung ist und das Einkommen des zahlenden Elternteils voraussichtlich mit der Inflation steigen wird, sollte die Indexierung der Renten grundsätzlich eine Option sein, da sie sicherstellt, dass der Wert des Rentenbetrags im Laufe der Zeit nicht durch die Inflation aufgezehrt wird.

Schliesslich können Sie durch die Nutzung von onlinescheidung.ch auch entscheiden, dass das Gericht den angemessenen Betrag für die Alimente des Kindes/der Kinder festsetzen soll.


Methode des Existenzminimums mit Überschussverteiligung

Das Bundesgericht hat die Art und Weise, wie die Höhe von Unterhaltsbeiträgen berechnet werden, harmonisiert. Künftig gilt, wenn die Parteien nicht selbst einen akzeptablen Betrag finden können, die Methode des Existenzminimums mit Überschussverteilung.

Siehe das in BGE 147 III 265 veröffentlichte Grundsatzurteil sowie die Pressemitteilung des Bundesgerichts vom 9. März 2021.

Zu beachten ist jedoch, dass das Gericht im Falle einer sehr komfortablen finanziellen Situation von dieser Methode absehen (Anwendung der Ein-Schritt-Methode: 5A_109/2020) oder sogar von der Festlegung der Höhe der Unterhaltsbeiträge absehen kann (BGE 147 III 301).

Für ein Beispiel in Bezug auf 2 minderjährige Kinder, 1 volljähriges Kind + Unterhaltsbeitrag für die Ex-Ehefrau siehe 5A_274/2023.

Ein Beispiel für die Berechnung der Alimente für das Kind plus Betreuungsgeld für die Mutter bei einer ausgewogenen alternierenden Obhut findet sich in 5A_330/2022.

Diese Berechnungsmethode ist in zwei Schritte unterteilt:

a) Erster Schritt

Ermittlung des monatlichen Nettoeinkommens jedes Ehepartners

Das Nettoeinkommen ist das jährliche Nettoeinkommen geteilt durch 12, einschliesslich 13. Monatslohn, nicht wirklich gerechtfertigte Repräsentationskosten, Boni und Gratifikationen (einen Durchschnitt der letzten drei Jahre bilden), Einkommen aus Vermögen, Familienzulagen, Ergänzungsleistungen, AHV- und IV-Renten und andere mögliche regelmässige Einkünfte aller Art.

Wenn Sie die Tools auf onlinescheidung.ch verwenden, sind die verschiedenen Einkommenspositionen detailliert und leicht auszufüllen (Jahreszahlen einsetzen).

Wenn das Gericht der Ansicht ist, dass der zahlende Elternteil vernünftigerweise eine höhere Vergütung erhalten könnte, wird es ein hypothetisches Einkommen ansetzen.

b) Zweiter Schritt

Abziehung der unerlässlichen Ausgaben (stricktes Existenzminimum) ab, d. h.:

  • Das monatliche betreibungsrechtliche Existenzminimum (Nahrung, Kleidung, Wäsche (inkl. Unterhalt), Körperpflege und Gesundheitspflege. Instandhaltung der Wohnung, (nicht obligatorische) private Versicherungen, kulturelle Ausgaben sowie Ausgaben für Licht, Strom oder Gas) ist:
    • 1’200.- pro Monat für eine allein lebende Person
    • 1’350.- pro Monat für eine alleinstehende Person mit unterhaltsberechtigten minderjährigen Kindern
    • 1’700.- pro Monat für ein verheiratetes Paar, zwei Personen in einer eingetragenen Partnerschaft oder ein Paar mit Kindern
    • 400.- pro Monat für ein Kind bis zum Alter von 10 Jahren für den sorgeberechtigten Elternteil. Bei alternierender Obhut, 200.- pro Monat pro Elternteil
    • 600.- pro Monat für ein Kind über 10 Jahre, für den sorgeberechtigten Elternteil. Bei alternierender Obhut, 300.- pro Monat pro Elternteil
  • Die (angemessene) Miete pro Monat sowie die Nebenkosten bzw. die Hypothekenzinsen (aber nicht die Abschreibung), wenn man Eigentümer ist. Im Falle des Zusammenlebens mit einem Dritten wird nur die Hälfte der Miete und der Kosten einbehalten (BGE 144 III 502).
    Lebt der Elternteil bei einem Dritten und hat die Obhut (zugewiesen oder alternierend), kann ein Betrag in Höhe von zwei Dritteln der Miete und Gebühren einbehalten werden (5A_533/2010).
    Lebt der Elternteil in einer mietfreien Unterkunft (bei den Eltern, einem Freund usw.), kann ein hypothetischer Mietbetrag nicht abgezogen werden (5A_930/2019).
  • Obligatorische Krankenversicherungsprämien (wenn die Obhut einem der beiden Elternteile zugesprochen wird, belasten Sie diese Beträge nur dem obhutberechtigten Elternteil. Wenn sich die Obhut alternierend ist, belasten Sie jeden Elternteil zur Hälfte mit den Krankenversicherungsbeiträgen der Kinder).
  • Kinderbetreuungskosten wie Tagespflege, Krippe etc. sowie Schulgeld (aber noch kein Privatschulgeld).
  • Transportkosten für jeden Erwachsenen und jedes Kind. Grundsätzlich die Jahreskosten für Zeitkarten für öffentliche Verkehrsmittel geteilt durch 12, es sei denn, es kann nachgewiesen werden, dass in einem kurzen Umkreis kein öffentliches Verkehrsmittel zur Verfügung steht oder dass die Arbeitszeiten die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zulassen und die Nutzung eines Autos erfordern. Autokosten können nur berücksichtigt werden (einschliesslich Leasing), wenn es sich um ein Fahrzeug der mittleren Kategorie handelt (5A_890/2013) UND sofern das Fahrzeug für die Ausübung des Berufs (5A_65/2013) oder für die Ausübung des Besuchsrechts (5A_994/2018) unerlässlich ist.
  • Tatsächlich gezahlte Alimente zugunsten des Kindes/der Kinder und/oder des (Ex-)Ehepartners, gemäss rechtskräftigem und vollstreckbarem Urteil. Bei sehr bescheidenen Einkünften kann das Gericht jedoch beschliessen, die einem (ehemaligen) Ehepartner zustehenden Unterhaltsbeiträge nicht zu berücksichtigen und die den Kindern aus einem anderen Bett zustehenden Alimente zu kürzen, da die Kinder gleich behandelt werden müssen. In diesem Fall muss ein separater Antrag auf Änderung des vorherigen Urteils gestellt werden.
  • Tatsächliche Berufskosten, die nicht vom Arbeitgeber übernommen werden.
  • Tatsächliche und unerlässliche zusätzliche Kosten im Zusammenhang mit einer Behinderung oder Krankheit, die nicht durch die Invalidenversicherung (IV) oder eine Invalidenrente abgedeckt sind.
  • Jedes Einkommen, das das Kind verdient (z. B. Lehrlingsgehalt).
  • Kosten im Zusammenhang mit der Ausübung des Besuchsrechts (Reise und Verpflegung), bis zu einem Höchstbetrag von 5.- pro Besuchstag und pro Kind (das ist die Praxis einiger Gerichte, insbesondere in Freiburg, aber nicht aller Schweizer Gerichte).

Der Saldo zwischen dem Einkommen (Punkt a) oben) abzüglich der absolut notwendigen Ausgaben (Punkt b) oben) stellt den Saldo dar, der nach Berücksichtigung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums zur Verfügung steht.

Bei sehr bescheidenen Einkünften wird an dieser Stelle die Höhe des Kindesunterhalts auf der Grundlage des beiderseits vorhandenen Saldos festgelegt, so dass jedem (Eltern und Kind(er)) zumindest das Existenzminimum zur Verfügung steht.

Wenn das verfügbare Guthaben gering ist, entspricht es dem monatlichen Unterhaltsbetrag für das Kind, und es gibt keine Unterstützung für den (Ex-)Ehepartner oder einen Beitrag zum Unterhalt des erwachsenen Kindes.

Wenn der Saldo negativ ist, gibt es keinen Kindesunterhalt.

Beachten Sie, dass die Steuern in diesem Stadium nicht berücksichtigt werden, weil Steuerschulden seltsamerweise nicht zum Existenzminimum gezählt werden, mit der Begründung, dass dies einen Gläubiger (die Steuerbehörde) gegenüber allen anderen Gläubigern bevorzugen würde (BGE 127 III 289; 126 III 353). Diese Vorgehensweise wurde von einem Gericht und zahlreichen Kommentatoren als «stossend» bezeichnet, doch das Bundesgericht bleibt unnachgiebig und unbeeindruckt von dieser Kritik. Wenn der zahlende Elternteil hingegen der Quellensteuer unterliegt (insbesondere B-Bewilligung), werden die Steuern berücksichtigt, da man sich auf das Nettoeinkommen stützt (5A_118/2023; 5A_352/2010). Bei kleinen Einkommen unterscheidet sich der Unterhaltsbetrag also sehr stark, je nachdem, ob der zahlende Elternteil quellensteuerpflichtig ist oder nicht. Die Argumentation des Bundesgerichts ist zwar aus theoretischer Sicht verständlich, aus praktischer Sicht jedoch völlig unfair.

In anderen Fällen, d. h. wenn genügend Geld für die Deckung des strickten Existenzminimums zur Verfügung steht, werden die folgenden Posten in der Reihenfolge abgezogen:

  • Möglicher Betreuungsunterhalt, wenn der andere Ehepartner nicht zu 100 % arbeiten muss und seine Arbeit eingestellt oder seine Arbeitszeit reduziert hat, um das Kind/die Kinder zu betreuen und ihre finanziellen Mittel nicht ausreichen, um ihre eigenen Lebenshaltungskosten zu decken.
  • Prämien für die Krankenzusatzversicherung
  • Steuern (am besten mit den Steuerrechnern auf den Webseiten der kantonalen Steuerbehörden ermitteln, 5A_316/2022 E. 9.1)
  • Selbstbeteiligungen der Krankenkassen, wenn sie tatsächlich gezahlt werden
  • Erforderliche Schulungskosten
  • Rückzahlung von Schulden des Ehepaars
  • Telefon- und Internetkosten (nur für Erwachsene)
  • Einzahlungen in die 3. Säule (nur für Selbstständige, die keine 2. Säule haben)

Um den verfügbaren Saldo des familienrechtlichen Existenzminimums zu ermitteln und die zustehenden Renten zu bestimmen, zunächst für die minderjährigen Kinder und dann, wenn noch etwas vorhanden ist, für den (Ex-)Ehegatten, um dann, wenn noch etwas vorhanden ist, die Unterhaltskosten für das/die erwachsene(n) Kind(er) zu bestimmen.

Wenn Einkommen verwendet wurde, um Schulden zu bezahlen / zurückzuzahlen, und in Zukunft Zinsen oder eine vollständige Rückzahlung anfallen, müssen die Schulden grundsätzlich in dieser Phase berücksichtigt werden, bevor der für die Rente verfügbare Betrag bestimmt wird (5A_60/2022).

Der verfügbare Restbetrag wird dann «gerecht verteilt» (Einschätzung des Gerichts nach dem konkreten Fall), oft (aber nicht zwingend, vgl. ATF 147 III 265) nach «grossen und kleinen Köpfen», indem jedem minderjährigen Kind («kleiner Kopf») ein Anteil und jedem Elternteil («grosser Kopf») zwei Anteile zugewiesen werden. Die Berechnung zwischen kleinen und grossen Köpfen kann etwas verfeinert werden, wenn die Eltern nicht verheiratet sind (5A_597/2022 E. 6.2).

Das Bundesgericht hat damit eine Methode festgelegt, die in der gesamten Schweiz und unabhängig vom Kontext des Kinderunterhalts (volljährig / minderjährig, bei einer Scheidung / Trennung / Änderung eines Urteils / Beendigung der Partnerschaft mit Kind oder unverheirateter Eltern) gilt, während es zuvor so viele Methoden wie Kantone gab und sogar Unterschiede zwischen den verschiedenen Kammern der kantonalen Gerichte bestanden. Diese Methode soll bessere Ergebnisse liefern als die Prozentmethode, aber in Wirklichkeit und sehr häufig sind die Ergebnisse bei der Verwendung von Prozentsätzen nicht grundlegend anders. Die Berechnung ist nur komplizierter und zeitaufwendiger. Da die Gerichte ausserdem einen grossen Ermessensspielraum behalten, sind die Ergebnisse nicht immer vorhersehbar, und in den Entscheidungen finden sich grosse Unterschiede bei den Unterhaltsbeiträgen, obwohl die Einkommen und die Ausgangssituationen sehr ähnlich sind.

Ausserdem wurden in den Entscheidungen, in denen die Höhe der Unterhaltsbeiträge festgelegt wurde, steuerliche Aspekte nur sehr grob berücksichtigt. Während die Kosten des Kindes manchmal bis auf den Cent genau berechnet wurden (vgl. 5A_274/2023 E. 3.3.2: Der Anteil des Überschusses betrug laut Kantonsgericht 870.-, das Bundesgericht korrigiert ihn und setzt ihn auf 874.- fest!!). Wenn es beispielsweise um die Betreuungskosten oder die Aufteilung der Fernsehgebühren ging, wurden die Steuern nur grob, «mit dem nassen Finger», geschätzt. Dabei stellen die Steuerverpflichtungen einen der grössten Posten im Haushalt dar. Das Problem ist, dass die Ermittlung und Aufschlüsselung der Steuerlast ohne entsprechende Software sehr schwierig ist (insbesondere angesichts der progressiven Steuersätze je nach Einkommen) und nur 3 Gerichte Deutschschweiz dafür ausgerüstet sind.

Das Bundesgericht hat diesen Aspekt korrigiert, indem es sich für die Anwendung von Prozentsätzen entschieden hat. Wenn also der Unterhaltsbeitrag 20 % des Nettoeinkommens des zahlenden Elternteils ausmacht, teilt man ihn zu 20 % für das Kind auf (man erhöht also den Unterhaltsbeitrag um 20 %) und reduziert die Steuerlast des zahlenden Elternteils um 20 % (BGE 147 III 457).

Das Bundesgericht erlaubt es auch, die Steuerlast zu schätzen, indem man die Steuerrechner benutzt, die von den Steuerbehörden im Internet zur Verfügung gestellt werden (5A_316/2022 E. 9.1).

Kurz gesagt, die Steuerbelastung (Steuern) ist Gegenstand einer «Schätzung» und nicht einer genauen Berechnung (5A_325/2022 E. 10.2).

Es bleibt festzuhalten, dass diese Vorgehensweisen nur sehr grobe Ergebnisse liefern und die durch die neue Methode ausgeschlossenen Prozentsätze trotzdem in die Berechnung einfliessen, indem Prozentsätze für eine der wichtigen Belastungen verwendet werden, die bei der Festsetzung des Unterhaltsbeitrags zu berücksichtigen sind.

Zur Vertiefung der Steuerfrage siehe insbesondere die folgenden (kostenpflichtigen) Artikel:

Es sei daran erinnert, dass die Berechnung des Unterhalts mit der Methode des Existenzminimums und der Überschussverteilung zwangsläufig nur dann zur Anwendung kommt, wenn die Eltern sich nicht darauf einigen können, einen angemessenen Unterhalt festzulegen, der die tatsächlichen Bedürfnisse des Kindes und sein Wohl angemessen berücksichtigt. Es ist daher besser, selbst einen akzeptablen Betrag zu finden (ggf. mit Hilfe eines Mediators/einer Mediatorin), als sich auf ein zufälliges und kostspieliges Streitverfahren einzulassen, das vor allem dazu führt, dass das Kind traumatisiert wird.

In den beiden folgenden Beispielen wird die Steuerbelastung nur sehr grob berücksichtigt.

Weitere Beispiele finden sich in verschiedenen Artikeln, wie z. B.:


Zwei Beispiele:

Frau X und Herr X haben zwei Kinder im Alter von 13 und 15 Jahren.

Familienstand
Frau X: hat die Obhut für beide Kinder
Herr X: lebt allein und hat Besuchsrecht

Familienzulagen (600.- pro Monat)
An Frau X ausgezahlt

Monatlicher Nettolohn (inkl. Bonus, 13. Gehalt usw.)
Frau X: 7’800.- pro Monat
Herr X: 11.000.- pro Monat

Miete (inklusive Nebenkosten)
Frau X: 1’800.- pro Monat
Herr X: 1.700.- pro Monat

HERR XFRAU XKIND 1KIND 2

Gesamtbetrag

Einkommen

Nettolöhne

11’000

7’800

Familienzulagen

300300

Gesamteinkünfte

11’0007’800300300

19’400

Aufwand

Existenzminimum

1’2001’3506006003’750
Miete + Nebenkosten1’7001’800

3’500

KVG-Prämien400500300300

1’500

Transportkosten60423333

168

Gesamtbetrag des strikten Existenzminimums

3’3603’692933933

8’918

Verfügbarer Restbetrag nach Abzug des strikten Existenzminimums

7’6404’108– 633– 633

10’482

Da es ein erheblicher Restbetrag nach Abzug des strikten Existenzminimums noch bleibt, kann man weitere Ausgaben hinzufügen, welche das erweiterte familienrechtliche Existenzminimum darstellen. Wenn ein Elternteil sein eigenes Existenzminimum nicht zu decken vermag, wird der verfügbare Betrag des anderen zunächst zur Deckung des Existenzminimums der Kinder verwendet, und erst danach für en anderen Elternteil eingesetzt.

Zusätzliche Abzüge für Berechnung des erweiterten familienrechtlichen Existenzminimums

Unterhaltsbeiträge

Im vorliegenden Fall unzutreffend: Frau X deckt ihre eigenen Kosten selbst.

Steuern

1’9001’0702’970
Krankenzusatzversicherung100100

200

Franchisen und Selbstbehalt (Krankenkasse)

8080160
Schuldentilgung500

500

Telefon- und Internetkosten

403070
3. Säule00

0

Gesamtaufwand (bestreibungsrechtliches + familienrechtliches Existenzminimum)

5’9804’972933933

12’818

Verfügbarer Restbetrag nach Abzug der Existenzminima5’0202’828– 633– 633

6’582

Überschussverteilung

Überschussanteil

2’1942’1941’0971’097

(6’582 / 6 x 2)(6’882 / 6)

Jedem Elternteil wird ein Doppelanteil zugewiesen («grosser Kopf»), und jedem Kind ein einfacher Anteil («kleiner Kopf»). Folglich (2 + 2 + 1 + 1) = 6 Abteile.

Gesamtanteil jedes Familienmitgliedes (Aufwand + Überschussanteil)

8’1747’1662’0302’030

19’400

«Korrektur»: das Gericht kann hier eine Art «Korrektur» vornehmen, um der von einem Elternteil erzielten Sparquote z. B. gesparte Beiträge zu berücksichtigen (d. h. wenn ein Elternteil sein Gesamteinkommen nicht ausgibt) oder um eine Spesenpauschale der Kinderkosten hinzuzufügen (z. B. 5 % (5A_102/2019) Überschussanteil als «Sonderausgabe» für Freizeitaktivitäten (5A_952/2019)), welcher relativ höhe Einkommensverhältnisse berücksichtigen würde. Hingegen kann diese Korrektur auch «negativ» erfolgen, wobei das Gericht einen zu hohen Unterhaltsbeitrag für die Kinder ermässigt, damit dieser Beitrag die tatsächlichen und gebührenden Unterhalt (gemäss den Tabellen für den gebührenden Unterhalt) bzw. den Lebensstandard nicht übersteigt (5A_311/2019). Hier wird vereinfachend keine «Korrektur» vorgenommen.

Gesamtanteile abzüglich Einkommen (Familienzulagen werden als Einkommen des Kindes betrachtet)

8’174 – 11’000 =
– 2’826
7’166 – 7’800 =
– 634
2’030 – 300 =
1’730
2’030 – 300 =
1’730

Unterhaltsbeiträge für die Kinder

(1’730 – (634 / 2) =
1’413
(1’730 – (634 / 2) =
1’413

634.- ist der «theoretische» Betrag, den Frau X für den Unterhalt der Kinder in diesem Beispiel ausgibt. Da es zwei Kinder gibt, wird diese «Beteiligung» durch zwei geteilt (317.-) und dann vom Gesamtanteil jedes Kindes abgezogen: so wird der Betrag bestimmt, der von Herrn X übernehmen werden muss. In der obererwähnten «Korrektur» kann das Gericht gegebenenfalls erwägen, diesen Abzug nicht vorzunehmen, z. B. weil die Obhut der Kinder der Frau X zugewiesen wird, so dass sie sich für deren nicht finanziellen Unterhalt mehr als Herr X einsetzt, oder weil Herr X über ein wesentlich höheres Einkommen verfügt.

Kindesunterhalt als Prozentsatz des Einkommen des Herrn X: 26 % für zwei Kinder

13 %13 %

So entspricht in dem angegebenen Beispiel der Betrag, den der Vater als Beitrag zum Unterhalt der Kinder zu zahlen hätte, 26 % seines Nettoeinkommens. Anstatt diese Berechnungen durchzuführen, ist es einfacher, einen Prozentsatz zu nehmen.

Die Zahl kann (ein wenig) variieren, je nachdem, ob Herr X ein sehr umfangreiches Besuchsrecht hat (er sieht die Kinder öfter und hat daher mehr Ausgaben) oder ob er einen kleinen Betrag im Existenzminimum für Umgangskosten (Reise und Essen für die Kinder während des Besuchs) einbehalten möchte. Einige Gerichte akzeptieren dies (z. B. Freiburg, bis zu 5.- pro Tag des Besuchs und pro Kind), andere schliessen es aus.

Es ist zu bedenken, dass das Gericht niemals verpflichtet ist, einer «buchhalterischen» Berechnung zu folgen. Vielmehr hat es einen sehr grossen Ermessensspielraum, um zu entscheiden, was fair ist.

Es sei auch darauf hingewiesen, dass die Festsetzung des Unterhaltsbetrags bei Anwendung dieser Methode von mehreren Variablen abhängt, insbesondere von der möglichen Höhe des Betreuungsbeitrags, den Beträgen, die abgezogen werden können, um das familienrechtliche Existenzminimum zu erreichen, und den «Korrekturen» oder «Anpassungen», die das Gericht nach seinem Ermessen vornehmen kann.

Die Höhe des Kindesunterhalts würde ganz anders ausfallen, wenn der Vater ein neues Kind mit seiner Partnerin hätte oder wenn er im Konkubinat lebte. Im letzteren Fall würden das Existenzminimum und die Miete des Vaters halbiert und nicht in voller Höhe genommen, was zu einem wesentlich höheren Kindesunterhalt führt, das 34 % seines Nettoeinkommens beträgt:

HERR XFRAU XKIND 1KIND 2Gesamtbetrag

Einkommen

Nettolöhne

11’0007’800
Familienzulagen300300

Gesamteinkünfte

11’0007’800300300

19’400

Aufwand

Existenzminimum

1’200 / 2 =
600
1’350600600

3’150

Miete + Nebenkosten

1’200 / 2 =
850
1’800

2’650

KVG-Prämien

4005003003001’500

Transportkosten

60423333

168

Gesamtbetrag des strikten Existenzminimums1’9103’692933933

7’468

Verfügbarer Restbetrag nach Abzug des strikten Existenzminimums

9’0904’108– 633– 633

11’932

Da es ein erheblicher Restbetrag nach Abzug des strikten Existenzminimums noch bleibt, kann man weitere Ausgaben hinzufügen, welche das erweiterte familienrechtliche Existenzminimum darstellen. Wenn ein Elternteil sein eigenes Existenzminimum nicht zu decken vermag, wird der verfügbare Betrag des anderen zunächst zur Deckung des Existenzminimums der Kinder verwendet, und erst danach für den anderen Elternteil eingesetzt.

Zusätzliche Abzüge für Berechnung des erweiterten familienrechtlichen Existenzminimums

Unterhaltsbeiträge

Im vorliegenden Fall unzutreffend: Frau X deckt ihre eigenen Kosten selbst.

Steuern

1’9001’0702’970
Krankenzusatzversicherung100100

200

Franchisen und Selbstbehalt (Krankenkasse)

8080160
Schuldentilgung500

500

Telefon- und Internetkosten

403070
3. Säule00

0

Gesamtaufwand (bestreibungsrechtliches + familienrechtliches Existenzminimum)

4’5304’972933933

11’368

Verfügbarer Restbetrag nach Abzug der Existenzminima

6’4702’828– 633– 6338’032

Überschussverteilung

Überschussanteil

2’6772’6771’3391’339
(8’032 / 6 x 2)(8’032 / 6)

Gesamtanteil jedes Familienmitgliedes (Aufwand + Überschussanteil)

7’2077’6492’2722’272

19’400

«Korrektur»: das Gericht kann hier eine Art «Korrektur» vornehmen, um der von einem Elternteil erzielten Sparquote z. B. gesparte Beiträge zu berücksichtigen (d. h. wenn ein Elternteil sein Gesamteinkommen nicht ausgibt) oder um eine Spesenpauschale der Kinderkosten hinzuzufügen (z. B. 5 % (5A_102/2019) Überschussanteil als «Sonderausgabe» für Freizeitaktivitäten (5A_952/2019)), welcher relativ höhe Einkommensverhältnisse berücksichtigen würde. Hingegen kann diese Korrektur auch «negativ» erfolgen, wobei das Gericht einen zu hohen Unterhaltsbeitrag für die Kinder ermässigt, damit dieser Beitrag die tatsächlichen und gebührenden Unterhalt (gemäss den Tabellen für den gebührenden Unterhalt bzw. den Lebensstandard nicht übersteigt (5A_311/2019). Hier wird vereinfachend keine «Korrektur» vorgenommen.

Gesamtanteile abzüglich Einkommen (Familienzulagen werden als Einkommen des Kindes betrachtet)

7’207 – 11’000 =
– 3’793
7’649 – 7’800 =
– 151
2’272 – 300 =
1’972
2’272 – 300 =
1’972

Unterhaltsbeiträge für die Kinder

1’972 – (151 / 2) =
1’896
1’972 – (151 / 2) =
1’896

151.- ist der «theoretische» Betrag, den Frau X für den Unterhalt der Kinder in diesem Beispiel ausgibt. Da es zwei Kinder gibt, wird diese «Beteiligung» durch zwei geteilt (abgerundet auf 76.-) und dann vom Gesamtanteil jedes Kindes abgezogen: so wird der Betrag bestimmt, der von Herrn X übernehmen werden muss.

Kindesunterhalt als Prozentsatz des Einkommen des Herrn X: 34 % für zwei Kinder

17 %17 %

 

Zur Vertiefung des Themas und für Kommentare zur Methode des Existenzminimums mit Überschussverteilung, siehe die folgenden (kostenpflichtigen) Artikel:

Siehe auch, insbesondere in Bezug auf den Willen des Gesetzgebers und die Vorgeschichte, kurz bevor das Bundesgericht die Methode des Existenzminimums mit Überschussverteilung festlegte, den (kostenlosen) Artikel von Estelle de Luze: «Entretien de l’enfant : évolution en cours», S. 101 ff (2017).


Unsere (zwangsweise subjektiven) Kommentare zu den Urteilen des Bundesgerichts:

In diesem Urteil gab es ein 4-jähriges Kind, Herr hatte ein Gehalt von 4’500.- pro Monat und Frau hatte ein hypothetisches Einkommen von 900.- pro Monat. Herr wurde zur Zahlung eines Beitrags von 2.070.- pro Monat (600.- für das Kind und 1.470.- für die Mutter) verurteilt, d. h. 46 % seines Gehalts, plus Rückstände von 8.900.-.

Der enorme Betrag ergibt sich aus dem Unterhalt für die Betreuung der Mutter (1’470.- pro Monat), während die Höhe des Unterhaltes für das Kind (600.-) nur 13 % ihres Nettolohns beträgt.

Man kann sich fragen, wie die Rechtsprechung des Bundesgerichts gerechtfertigt ist, dass eine Mutter nicht arbeiten muss, solange das jüngste Kind nicht im schulpflichtigen Alter ist, und es scheint fairer und gerechter zu sein, dass man bei bescheidenem Einkommen von der Mutter erwarten kann, dass sie arbeitet und nicht exorbitante Beträge für den Unterhalt einbehält.

So führen schöne Prinzipien manchmal zu grober Ungerechtigkeit: Es ist offensichtlich, dass dieser Ehemann/Vater in der Praxis solche Summen nicht zahlen kann!

Es wäre im Interesse des Kindes, wenn ein Vater, der mit Schulden belastet ist (Sie dürfen keine Rücksicht auf die Steuern nehmen, die Sie hingegen nicht vergessen!), auf ein stricktes Existenzminimum reduziert wird, das es ihm nicht einmal erlaubt, sein Kind ins Kino oder in ein Schnellrestaurant mitzunehmen, wenn er sein Besuchsrecht ausübt.

Ist dieses schöne Ergebnis wirklich fair und gerecht?

Der Vater hat die Obhut für das Kind. Die Mutter verdient 6’300.- pro Monat und muss für das Kind einen Beitrag von 1’000.- pro Monat bezahlen (d. h. 15.87 % ihres Einkommens, aber die Prozentmethode kommt nicht zur Anwendung und das Bundesgericht argumentiert mit der Methode des erweiterten Existenzminimums mit Verteilung des Überschusses, um nach 10 Jahren Verfahren trotzdem — konkret — zu einem Prozentsatz von 15.87 % zu kommen…).

In diesem Urteil geht es nicht um den Kinderunterhalt, sondern um den Unterhalt nach Scheidung (Art. 125 ZGB), die der Ehefrau nach einer langen Ehe von 23 Jahren zusteht. Das Bundesgericht wendete die Methode des Existenzminimums mit Überschussverteilung an, um den Herrn zu verurteilen, an sie einen Betrag von 3’586.- pro Monat bis zum Erreichen des Rentenalters von Frau zu zahlen, d. h. das Defizit von der Frau, das sich aus dem Existenzminimum ergibt. Der Bundesgericht erweitert damit die Anwendung der Existenzminimum-Methode bei der Überschussverteilung auf Gedanken, die nach der Scheidung dem Ex-Ehepartner zustehen

In diesem Urteil geht es um die Interferenz zwischen den Beiträgen für minderjährige Kinder und dem Ehegattenbeitrag nach der Pensionierung des Ehemannes. Das Bundesgericht wendet die Zwei-Stufen-Methode an und kürzt die Höhe der Unterhaltsbeiträge der Ehefrau, die zuvor im Rahmen der Eheschutzmassnahmen zugesprochen worden war.

Insgesamt ist diese Methode weit davon entfernt, ein Allheilmittel zu sein.

Sie basiert auf verschiedenen Berechnungen und soll gerechter sein als die Bestimmung der Rentenhöhe durch Prozentsätze, aber:

  • Sie ist unnötig kompliziert. Siehe zum Beispiel hier.
  • Sie ist alles andere als präzise. Einerseits werden Beträge für Einkommen oder Belastungen auf den Cent genau festgehalten, andererseits werden die wichtigsten Belastungen (Steuern, vom Kind zu tragender Anteil der Miete) in Prozentsätzen festgelegt, die nur sehr ungefähre Zahlen ergeben. Das Ergebnis wird somit zufällig.
  • Sie führt zu sehr unsicheren Ergebnissen, da das Gericht immer völlig frei bleibt, seine eigene Einschätzung vorzunehmen und somit die Ergebnisse in sehr grossem Masse zu verändern.
  • Infolgedessen führen diese grossen Unwägbarkeiten zu einer bedauerlichen Rechtsunsicherheit und Unberechenbarkeit, die enorme Anwaltskosten und ein Verfahren, das mehrere Monate oder sogar Jahre dauert, nach sich zieht, wobei das einzige konkrete Ergebnis Kinder sind, die darunter leiden und traumatisiert sind, manchmal für ihr ganzes Leben. Die gemeinsame elterliche Verantwortung beider Elternteile besteht darin, alles zu tun, damit die Kinder nicht leiden müssen (5A_463/2022 E. 3.5).

Anstatt sich auf lange und kostspielige Verfahren einzulassen, sollte das Kind in den Mittelpunkt der Überlegungen gestellt werden (was ist gut und im Interesse des Kindes? Und nicht «Ich verlange, dass …») und so zu einer konkreten und für beide Seiten akzeptablen Lösung gelangen, selbst wenn man — wenn nötig — von einem/einer Mediator/in unterstützt und begleitet wird, der/die im Gegensatz zum Gericht nichts aufzwingt, sondern beide dazu bringt, gemeinsam eine konkrete und akzeptable Lösung im besten Interesse des Kindes zu finden.

  • Die Methode führt zu manchmal schockierenden Ergebnissen, die vollkommen theoretisch und unpraktisch sind, insbesondere wenn das Einkommen sehr niedrig ist.
  • Die Unwägbarkeiten der für das Kind geschuldeten Beträge und die Langwierigkeit von «Streit»-Verfahren sind so gross, dass Eltern immer eine akzeptable Lösung vorziehen und bevorzugen sollten, anstatt sich jahrelang gerichtlich zu streiten. Gegebenenfalls mit Hilfe eines Mediators. Denn bei diesen langwierigen Trennungen/«Streitscheidungen» gibt es nie einen Sieger, sondern immer nur Verlierer: die Kinder, die leiden und traumatisiert sind, manchmal für ihr ganzes Leben.

Der erste Preis in diesem Bereich geht aus einem Urteil des Bundesgerichts vom 5. Juli 2021 (5A_679/2019) hervor: 11 Jahre Verfahren (2010 – 2021). Das Kind ist 9 Jahre alt, als das Trennungsverfahren (Eheschutzmassnahmen) 2010 beginnt.

Im Oktober 2012 (das Kind ist 11 Jahre alt), Festsetzung einer Rente von 90’000.- pro Monat in Eheschutzmassnahmen für den «Unterhalt der Familie» (Ehefrau und zwei minderjährige Kinder).

2016, vorläufige Massnahmen im Scheidungsverfahren, die Rente für das Kind (15 Jahre) wird auf 10’500.- pro Monat festgelegt und dann von der Berufungskammer ab September 2017 auf 9’000.- pro Monat gesenkt.

15. August 2018, Scheidungsurteil in erster Instanz: Reduzierte Rente für das Kind (17 Jahre) auf 2500.- pro Monat bis zur Volljährigkeit (August 2019), dann auf 4’000.- pro Monat ab September 2019 und auf 4’600.- pro Monat ab Januar 2020 und bis zum 25. Lebensjahr, bei ernsthaftem und regelmässigem Studium.

Mit Urteil vom 13. Juni 2019 (Urteil der Berufungskammer) wird der Unterhalt vom 1. Dezember 2018 bis 31. August 2019 auf 3’300.- pro Monat, vom 1. September 2019 bis 31. Dezember 2019 auf 3’800.- pro Monat und ab 1. Januar 2020 auf 4’350.- pro Monat bei ernsthaftem und regelmässigem Studium festgesetzt.

Kurz gesagt, im Laufe der Jahre und Instanzen liegt die Rente für das Kind zwischen 2’500.- Minimum und 10’500.- für das gleiche Kind, zwischen seinem 11. Lebensjahr und seiner Volljährigkeit!

Artikel aktualisiert am 26/08/2024